Frauen sind psychisch zu Rassismus und Antisemitismus gar nicht fähig – diese These von Margarete Mitscherlich bestimmt unterschwellig bis heute die Diskussion um die Rolle der Frau im Nationalsozialismus. Frauen waren demnach in der NS-Zeit vor allem Opfer einer restriktiven Geschlechterideologie und eines reaktionären Frauenbildes, welches sie auf die Mutterrolle reduzierte. Schließlich mussten Frauen die Hauptlast während des Krieges und danach tragen (Stichwort Trümmerfrauen).

Das dahinter durchscheinende Frauenbild orientiert sich an einem von den Nazis gezeichneten Propagandabild der „friedfertigen“ und “beschützenden“ Frau, welches bis heute weiterwirkt – sichtbar z.B. an der medialen Verwunderung über den Frauenanteil in rechtsradikalen Organisationen. Daran muss die Kritik ansetzen. 

Allerdings steht nicht die schlichte Erkenntnis im Mittelpunkt, dass Frauen als KZ-Aufseherinnen und Denunziantinnen an der Ausgrenzung und Vernichtung von Juden und Jüdinnen beteiligt waren. Vielmehr stellt sich die Frage, was Abermillionen Frauen begeistert an der Verwirklichung des Projekts „Volksgemeinschaft“ mitwirken ließ. Unter gewaltsamer Ausgrenzung aller nicht „arischen“ Frauen bot das Regime vielen „volksdeutschen“ Frauen offenbar zuvor nicht gekannte Teilhabe- und Aufstiegsmöglichkeiten, insbesondere an der „Heimatfront“ während des Krieges. Lässt sich also von einer „NS-Frauenbewegung“ reden oder gar von einem „völkischen Feminismus“?

Dabei kann es nicht darum gehen, den Nationalsozialismus durch den Nachweis moderner Tendenzen aufzuwerten. Vielmehr wird hier exemplarisch die ungebrochene Ambivalenz der „Moderne“ selber deutlich.

Referentin: Dr. Nicole Kramer

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